Mein FSJ-Projekt

Welche Motivation habe ich ein FSJ im Ausland zu machen?

Warum ins Ausland gehen, wenn es doch auch hier Menschen in Not gibt, die Hilfe brauchen?
Hier möchte ich erklären, warum für mich von Beginn an klar war, dass ich ins Ausland gehen möchte. Ich möchte keinesfalls bestreiten, dass es auch hier vor Ort Menschen gibt, die meine Hilfe gut gebrauchen könnten. Ich habe mich gefragt: Hat es ein obdachloser Mensch in New York, der Hunger leidet, einfacher als ein hungerleidender Obdachloser in Rumänien, Afrika, Deutschland oder umgekehrt? Ich denke nicht. Menschen, die an der untersten Grenze leben, geht es allen sehr schlecht. Damit möchte ich aber nicht sagen, dass es beispielsweise in Afrika nicht sehr viel mehr Menschen gibt, die in Armut leben. 
Ich meine, egal wohin ich nun gehe, überall auf der Welt wird Hilfe gebraucht, überall auf der Welt macht meine Arbeit Sinn und überall auf der Welt kann ich Menschen helfen. Es ist wohl kein Geheimnis, dass ein Jahr im Ausland im Leben nur zu sehr seltenen Gelegenheiten realisierbar ist. Ich möchte diese Möglichkeit nutzen, um die unglaublichen, einzigartigen Erfahrungen zu machen und dieses Jahr als einen grundlegenden Bestandteil meines Lebens zu gestalten. Es wird viele Herausforderungen für mich geben, so werde ich zum Beispiel in einem Mehrbettzimmer zusammen mit einer Einwandererfamilie wohnen. Um ehrlich zu sein, hatte ich ein sehr mulmiges Gefühl im Bauch, als ich das erfahren habe. Mittlerweile denke ich aber, dass es etwas sehr gutes ist. Wahrscheinlich werde ich gerade an solchen Herausforderungen am meisten wachsen, denn hier ist gefragt, flexibel und anpassungsfähig zu sein sowie komplizierte Situationen meistern zu können. Außerdem bekomme ich einen wahren Eindruck davon, wie schlecht es diesen Menschen geht. Diese "Einsicht" finde ich sehr wichtig und sinnvoll. Es ist wohl auch nachvollziehbar, dass diese Herausforderungen im Ausland wesentlich größer sind: Sprachbarrieren, eine andere Kultur und der Umstand, dass ich vorerst vollkommen auf mich alleine gestellt sein werde. Auch werde ich während meines FSJs wesentlich mehr persönliche Verantwortung übernehmen - ich werde für andere Menschen und Kinder sorgen und auch für mich selbst. Ich war noch nie länger als einen Monat im Ausland und sowieso war ich noch nie in den USA. Ich bin gespannt darauf, was mich erwartet und ich weiß, dass ich gut darauf vorbereitet bin. Außerdem denke ich, dass ich sehr viele gute Freunde während meines Jahres finden werde, mit denen ich vielleicht auch noch nach meinem FSJ in Kontakt bleiben werde. Durch die Konzertreisen mit dem Chor habe ich schon viele Leute aus anderen Ländern kennengelernt und es war jedes Mal eine tolle Erfahrung. Ein weiterer wichtiger Grund, warum ich für mein FSJ ins Ausland gehen möchte, ist, dass ich es als Aufgabe der heranwachsenden Generationen betrachte, die Völkerverständigung zu fördern und zu gestalten. Das mag sich jetzt auf den ersten Blick sehr abstrakt anhören. Ich verbinde damit jedoch einen ganz konkreten Gedanken, den ich später noch einmal aufgreifen werde. Viele Menschen hier in der Region denken nämlich, dass Sie von einem FSJ im Ausland gar nicht profitieren würden. Das sehe ich ganz anders [hier unbedingt weiterlesen].

Wie bin ich auf das FSJ aufmerksam geworden?
Während das Abitur immer näher rückt, stellt sich für einen jungen Mann immer mehr die Entscheidung zwischen Zivildienst oder Bundeswehr in den Vordergrund. Als ich dann auch T2 gemustert wurde, war mir klar, dass ich mich auf jeden Fall für den Zivildienst entscheiden werde. Ich stellte mir direkt am Anfang die Frage, ob man Diesen auch im Ausland ableisten konnte. Von dem Freiwilligen Sozialen Jahr habe ich durch Bekannte erfahren und mich danach im Internet schlau gemacht, was solch ein Jahr genau beinhaltet und bedeutet. Ich war sofort davon überzeugt und wollte ebenfalls ein Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland absolvieren. Ein erfolgreich absolviertes FSJ wird als Zivildienstersatz anerkannt. Durch weiteres Recherchieren im Internet habe ich dann festgestellt, dass ich mit der Planung und Bewerbung sehr früh dran war (rund ein Jahr vor geplantem Beginn). Bei den meisten deutschen Trägerorganisationen hatte der Bewerbungszeitraum noch gar nicht begonnen. Während meiner Suche bin ich aber auch auf die Info gestoßen, dass man sein FSJ auch selbst organisieren kann, d.h. man sucht sich selbst ein Projekt, das den Vorgaben entspricht, und bewirbt sich erst anschließend zusammen mit seinem Projekt bei einer Trägerorganisation. Diese Variante ist eher unüblich, da sie dem Bewerber wesentlich mehr Eigeninitiative und Aufwand abverlangt. Auch ich war zunächst von der großen Masse an Informationen erschlagen und wusste nicht, wo ich beginnen sollte. Durch einen sehr glücklichen Zufall habe ich dann Matthias Blaschke getroffen, der sich zu der Zeit selbst auf sein FSJ in den USA, genauer in San Diego, vorbereitet hat. Hier möchte ich mich ganz herzlich bei ihm für seine enorme Hilfsbereitschaft bedanken. Ich habe mich dann also bei rund 50 Non-Profit-Organisationen direkt in New York City beworben.

Warum habe ich mich dazu entschieden, meine Projektstelle selbst zu suchen?
Wie vorher schon erwähnt, habe ich den etwas schwierigeren Weg gewählt und mich bei den gemeinnützigen Organisationen direkt beworben. Das hat den Vorteil, dass ich mir auf der einen Seite aussuchen konnte, in welches Land und in welche Stadt ich gehe um mein FSJ abzuleisten. Der meiner Meinung nach enormste Vorteil durch die Selbstorganisation ist jedoch der Umstand, dass man sich individuell auf eine Stelle bewerben kann, die einem wirklich zusagt, von der man glaubt, dass sie sinnvoll ist und dass man sich gut mit seinen Fähigkeiten einbringen kann. Bewirbt man sich bei einer deutschen Trägerorganisation, wird man zu einer Art Vorstellungsgespräch eingeladen. Dabei wird man mit Fragen gelöchert und anschließend gibt es noch eine Reihe von Fragen, die schriftlich beantwortet werden müssen. Anschließend beanprucht diese Organisation das Recht, eine passende Stelle für den Bewerber auszusuchen, für sich. Das finde ich sehr gewagt, da man den Menschen immer nur vor den Kopf schauen kann. Ich denke, jeder sollte für sich selbst entscheiden, wo er seine Fähigkeiten am Besten einbringen kann. Es gibt zum Beispiel Menschen, die können sehr gut mit Kindern umgehen, andere wiederum möchten lieber in einer Suppenküche arbeiten und den Obdachlosen helfen. Dadurch, dass man sich persönlich bei einer Organisation bewirbt, baut man auch direkt am Anfang eine viel persönlichere Beziehung zu den Mitarbeitern auf. Ich hatte mit fast allen Projektstellen regen Nachrichtenverkehr per E-Mail. Meistens ist die Kontaktperson der Projektstelle für Freiwilligendienste auch der spätere Betreuer vor Ort. Einige Mitarbeiter von Project Hospitality kenne ich bereits. So ist es für mich viel angenehmer nach New York zu gehen und zu wissen, dass ich dort von sehr freundlichen Menschen empfangen werde.


Warum möchte ich gerade nach New York?
Manch einer wird vielleicht denken, warum die Menschen in New York Hilfe brauchen sollten, schließlich wohnen in New York nur die Reichen und Schönen. Dem ist ganz und gar nicht so, denn New York besteht nicht nur aus Manhattan. Gerade weil New York ein Anziehungspunkt für viele Menschen aus der ganzen Welt darstellt, die hier ein neues Leben beginnen und ihr Glück suchen möchten, gibt es dort viele Menschen, die scheitern. Vom scheinbaren Glanz New Yorks geblendet müssen sie feststellen, dass auch hier keine Wunder geschehen. Die meisten Menschen kommen nach New York, weil es ihnen dort wo sie leben schlecht geht. Sie haben keine oder nur schlecht bezahlte Arbeit, können kaum ihre Familie unterhalten und erhoffen sich in New York einen Neubeginn. Das war zumindest einmal so und ist teilweise immer noch der Fall. Ausnahmen bestätigen die Regel. Daraus resultiert ein Umstand, der mich an New York einerseits "fasziniert", andererseits auch schockiert: Ich glaube, nirgendwo sonst auf der Welt, befinden sich nobelste Wirtschaft, Reichtum, Glamour, Glanz und bittere Armut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit so unmittelbar beieinander. 

Das nebenstehende Bild (links) zeigt das ganz deutlich - eine Frau am Times Square hält die Hand auf und über ihr spiegeln sich Börsenkurse an einer Hausfassade. Es gibt sogar Stadtteile, die man in New York meiden sollte, weil dort eine so große Kriminalität herrscht. Das Alles ist etwas, dass ich mit eigenen Augen erfahren möchte.
Nach meinem FSJ habe ich vor mit Hilfe eines Stipendiums durch meine sehr guten schulischen Leistungen an der Universität St. Gallen Betriebswirtschaft zu studieren. Ich denke, es ist auch für meinen späteren Weg im Beruf sehr wichtig zu wissen, wie es ganz unten aussieht, was arm sein bedeutet und dadurch zu begreifen, dass man den sozialen Aspekt in jeglicher Hinsicht nie vernachlässigen darf. Die heutige Wirtschaft zeigt das mit ihrer Gier nach Profitmaximierung um jeden Preis meiner Meinung nach überhaupt nicht. Ich gestehe jemandem, der sehr viel Kopfarbeit leistet, sehr wohl zu, mehr Geld zu verdienen und in einer Limousine von A nach B zufahren - darum geht es auch nicht. Aber der jetzige Zustand kann nicht immer so weitergehen. Ich hoffe einfach, dass ich durch diese Erfahrung in der Lage sein werde später vielleicht etwas besser zu machen.
Ein anderer Grund, warum ich mich für New York entscheiden habe, ist die Sprache. Englisch ist sehr wichtig in der heutigen Welt - nicht nur, weil es die Gesellschaft verlangt. Ich habe durch die Konzertreisen mit dem Chor oder durch andere Aufenthalte im Ausland oft viele neue Freunde gewonnen. Dabei ist es auch schon vorgekommen, dass mein Gegenüber kein Englisch gesprochen hat. Es klappt zwar mit Händen und Füßen immer irgendwie, aber Englisch vereinfacht das Verständigen doch enorm. Deshalb sehe ich es als wichtig, durch dieses Jahr in New York meine Englischkenntnisse weiter ausbauen zu können. 
Und letztendlich möchte man doch auch nicht bestreiten, dass New York einfach eine tolle Stadt ist. Ich möchte gern den American Dream und den American Way of Life erleben, mit allen guten wie schlechten Seiten und dafür ist New York auch einfach gut geeignet. In der letzten Unterrichtsstunde Englisch vor den Osterferien hat uns unser Lehrer einen Text vorgelegt, der auf sehr nachdenkliche weiße geschildert hat, was man nach dem Abitur unbedingt erleben müsse. Darin war unter anderem auch aufgelistet einmal in New York zu wohnen. Da musste ich etwas schmunzeln.

Was ist Project Hospitality, wo und wie wird Menschen geholfen?
Durchschnittlich 38000 Menschen pro Nacht - die Hälfte davon sind Kinder - schlafen in New York in einem Obdachlosenheim. Jeder dritte Amerikaner wird in Armut lebend eingestuft. Bei Project Hospitality handelt es sich um eine religionsübergreifende Organisation, die sich dazu verpflichtet hat, Menschen die hungern müssen, die obdachlos sind oder die sich anderweitig in Not befinden, zu unterstützen.

Hospitality bedeutet Gast- freundschaft. Durch die Zusammenarbeit der Mit- arbeiter Project Hospitality's mit diesen hilfsbedürftigen Menschen möchten sie diese wieder zurück zur eigenen Unabhängigkeit und Selbstständigkeit führen. Geholfen wird aber auch Menschen, die sich in einer besonderen Notlage befinden: an HIV/AIDS erkrankte, drogenabhängige und auch geistig eingeschränkte Menschen. Dabei bietet Project Hospitality eine sehr umfassende Fürsorge an - angefangen bei der Hilfe für Menschen, die auf der Straße leben, und ihnen eine Notunterkunft zu bieten, über die Betreibung einer Suppenküche und einer Speisekammer, bis hin zur medizinischen Behandlung und auch dauerhaftem betreuten Wohnen. Jeder hat schon mal davon gehört, dass das amerikanische Gesundheitswesen sehr kritisch zu betrachten ist. Rund 60% aller persönlichen Bankrotte der Amerikaner sind auf das mangelhafte Gesundheitswesen in Amerika zurückzuführen. Das Risiko, an einer Krankheit zu sterben, ist für Nichtversicherte um 25% höher als für Versicherte. Auch wenn Obama die Gesundheitsreform mit Ach und Krach durchsetzen konnte, wird es noch Jahre dauern, bis sich das neue Gesundheitswesen etabliert hat und eine obligatorische Krankenversicherung für die gesamte Bevölkerung wird es auch dann nicht geben. Das sind Fakten, woran man sehen kann, dass die Bereitstellung medizinischer Leistungen in Amerika etwas sehr gutes darstellt. Hilfe wird allen Menschen in New York City geboten, wobei man sich besonders auf den Stadtteil Staten Island konzentriert, da die Organisation hier auch ihren Sitz hat.

Weitere Informationen über Project Hospitality gibt es [hier] (allerdings in englischer Sprache).

Warum möchte ich dieses Projekt unterstützen und wie sieht dort mein Aufgabenbereich aus?
Project Hospitality bietet ein sehr breitgefächertes Spektrum an Unterstützungen an. Das finde ich sehr gut, denn so kann ich während meines Jahres bei ihnen verschiedenste Tätigkeiten ausüben. In einem so genannten "After School Programm" Kindern bei ihren Hausaufgaben helfen, in der Suppenküche oder Speisekammer Essen verteilen, mich um obdachlose Familien kümmern - all das umfasst mein Aufgabenbereich. 
Außerdem werde ich dabei helfen, besondere Events zu organisieren, wie das HIV Testing Event (zusehen im Bild rechts) und Spenden zu sammeln, die wieder für gute Zwecke eingesetzt werden. Insgesamt ist mein Aufgabenbereich sehr offen gehalten, da man vor Ort sehen wird, wo ich am Besten eingesetzt werden kann. Ein weiterer Grund neben der Aufgabenvielfalt, warum ich Project Hospitality unterstützen möchte, ist die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit, die die Mitarbeiter mir gegenüber gezeigt haben. Sie waren sofort von meinem Vorhaben überzeugt und wirklich begeistert von der Idee einen Freiwilligen aus Deutschland bei sich im Team zu haben. Das hat mich sehr gefreut und eben aus dieser Freundlichkeit entsteht direkt zu Beginn ein sehr viel besseres Verhältnis zwischen mir und der Organisation. Außerdem ist mir durch meine Recherche im Internet aufgefallen, dass Project Hospitality von vielen Freiwilligen - auch in meinem Alter - unterstützt wurde und wird. Ich habe über viele positive Erfahrungen gelesen und so hoffe ich, dass auch ich nach meinem FSJ eine insgesamt positive Erfahrung weitergeben kann. So ist die Wahrscheinlichkeit auch größer, dass ich während meines FSJs gleich in der Organisation neue Kontakte zu Leuten in meinem Alter knüpfen kann und mir der Einstieg damit wesentlich leichter fällt.